"Zwei Raben"

Eines Tages besuchten zwei Raben einen Hahn auf einer Kirchturmspitze.

Die Sonne schien nicht so licht und hell wie sonst, als sei sie müde. Sogar der Wind war still und regte sich nicht.

Das einzige Geräusch, welches die beiden Raben dort oben vernahmen, war das Motorenbrummen von Fahrzeugen, die unten auf der Straße vorbeifuhren.

Die beiden Raben wunderten sich nämlich, dass der Hahn so ruhig, so unbeweglich, verharrte.

„Hallo… Hahn“ sprach der kleinere Rabe den Hahn mutig an. „Warum sitzt

du denn so still? Geht es dir nicht gut?“

Der Hahn aber antwortete ihm nicht.

„Ach komm“, sagte der große Rabe zu dem kleinen.
„Der ist wohl eingebildet und redet nicht mit jedem Raben! Lass uns weiter fliegen, Kleiner!“

Die beiden Raben sahen sich fragend mit ihren dunklen Augen an.

Der Hahn sagte noch immer nichts. Plötzlich ertönte die Kirchturmglocke: „Bimm…, Bamm…! Bimm…, Bamm…!“

„Er ist krank! Der Hahn ist krank!“ schrie der kleine Rabe erschrocken und flog eilig davon. Der große Rabe krähte nur: „Raab…, Raab…!“ und flog dem Kleinen hinterher.

Später, als die Sonne wieder heller schien und der Wind seine Arbeit, die Luft sachte zu bewegen, auch aufgenommen hatte, da tanzte der Hahn wieder fröhlich auf dem Kirchturm. Mit dem Wind drehte er sich auf seinem einen Bein, wie ein Tänzer bei einer Pirouette.

Als die beiden Raben den Hahn auf der Kirchturmspitze tanzen sahen, freuten sie sich, weil sie glaubten,

dass es dem Hahn
nun endlich wieder besser ging...

23.01.2008  © baeredel

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"Die kleine Träne" Bleistiftzeichnung by Baeredel